Inhalt: Mathias Schneck wird 1985 als zweiter Sohn des Seelsorgers Ernst Schneck geboren. Das Kind erhält bereits ab dem zweiten Lebensjahr Frühförderung, weil es stark entwicklungsverzögert ist, im Alter von knapp vier Jahren wird NCL diagnostiziert, eine unheilbare degenerative Stoffwechselerkrankung, die beim allmählichen Verlust selbständiger Fähigkeiten und Erblindung mit starken epileptischen Anfällen einher geht. Er stirbt im Dezember 1994. Das Buch begleitet von Mathias' Geburt bis zu seinem Tod. Es besteht in fragmentarischer Form aus Krankheitsbeobachtungen, Alltagsbeschreibungen, literarischen Texten und philosophisch-theologischen Gedanken des Vaters.
Seine Stärken hat das Buch in den wenigen Momenten, in denen der Vater
verzweifelt und tobt. Aber immer nimmt Herr Schneck sich sehr schnell zurück
und verfällt in den professionellen Ton des Seelsorgers, den ich gerade in
diesem Buch als phrasenhaft und lebensleer empfinde. Und da er sich nicht
traut, seiner Verzweiflung und Wut nachzugeben, bleibt dieses Buch und die
Trauerbewältigung oft in weinerlichem Selbstmitleid stecken. Ich hätte Herrn
Schneck an vielen Stellen den Mut gewünscht, seinen Gott zu verfluchen, um
einen besseren und direkteren Draht zu ihm zu bekommen - so aber bleibt ein
Gottesbild, das den Menschen in seinem Leid klein macht und ihn auf eine
andere Welt vertröstet.
Vor allem im Vergleich mit dem Buch des Rabbis Kushner sind die Unterschiede
evident: Wo der eine mir gereifter scheint und aus dem Schicksal seines
Sohnes Stärke schöpft, ein fähiger Begleiter seiner Gemeinde zu sein,
verschliesst sich der andere im Elfenbeinturm seines Leidens, dem er in
ermüdenden theologischen Abhandlungen einen Sinn abzutrotzen versucht. Ich
würde lieber einen Abend mit dem amerikanischen Rabbiner Kushner verbringen
als mit dem Fachschulleiter und Seelsorger Schneck.
www.heininfo.de -
(c) vom
24.10.2012